Adoptierte Kinder können endlich auch stiefadoptiert werden: Sukzessivadoption ab jetzt möglich

Zwei große Hinkelsteine gilt es noch zu überwinden, bis die komplette Gleichstellung zwischen  verheirateten heterosexuellen und verpartnerten homosexuellen Paaren zumindest rechtlich erreicht ist: Die Benachteiligungen im Steuer- und Adoptionsrecht.
Zweiteres wurde vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe heute höchstrichterlich reformiert: Bereits adoptierte Kinder können in Zukunft auch von Lebenspartner_innen „stiefadoptiert“ werden. Bisher war dies nur für Ehepaare möglich. Mehr
Bayern versuchte ja noch bis 2009, die Stiefkindadoption im gleichgeschlechtlichen Kontext per Verfassungsbeschwerde zu verhindern. Als dann im gleichen Jahr die BMJ-Studie erschien, in der diesen Kindern eine gute Entwicklung attestiert wurde, wurde der Antrag still und leise zurückgezogen. Nun haben die Konservativen eine erneute Schlappe erlitten, RFN hat ja bereits ausführlich zur Anhörung berichtet.
Zwar bezieht sich der heutige Richterspruch nicht auf die gemeinsame Adoption eines fremden Kindes, was ja weiterhin nicht möglich ist. Doch, wie die Gegner_innen schon damals voraussahen, wird durch die im Kampf um gleiche Rechte bahnbrechende Entscheidung die gemeinsame Adoption sozusagen durch die Hintertür eingeführt. Wenn ein Homopaar das Prozedere rund um die Eignung als Adoptiveltern erfolgreich hinter sich gebracht hat, dann adoptiert eben zuerst der/die Eine und dann die/der Andere. Das ist zwar komplizierter, aber am Ende gibt es die gemeinsame rechtliche Elternschaft – das Ziel, um das es hier geht: Also eine ganz normale Familie, mit gleichen elterlichen Rechten und Pflichten. Für das Kind bzw. die Kinder bedeutet das einfach nur: Es gibt nicht mehr ein Elternteil mit vollen Rechten und ein Elternteil mit Minimalrechten, das seinem Kind zwar etwas vererben kann, es aber wegen der hohen Erbschaftssteuer nichts übrig bleibt, weil das eigene Kind z.B. steuerrechtlich wie eine fremde Person behandelt wird. Dieser Fall möge bitte nicht eintreten, dennoch muss man immer wieder darüber sprechen, denn die meisten Menschen da draußen wissen über diese Ungerechtigkeiten wenig und können sie dementsprechend kaum glauben, wenn sie diese im Rahmen einer kleinen Vorlesung über „Ehe plus Kinder versus Lebenspartnerschaft plus Kinder“ erfahren.

Das BVG lässt der Bundesregierung bis Juni 2014 Zeit, für eine rechtlich einwandfreie Neuregelung zu sorgen. Die Sukzessivadoptionen sind allerdings ab sofort möglich.

Julius hat derzeit andere Probleme: Der achtjährige hat eine Dauerlaufnase. Deshalb wird er öfters geärgert – und nicht etwa wegen seiner zwei Väter. Die Mitteldeutsche Zeitung hat eine schwule Familie mit zwei Adoptivkindern besucht. Die beiden Väter haben den Termin beim Jugendamt für die Folgeadoption schon ausgemacht. Mehr

Das Verbot der gemeinsamen Adoption fällt früher oder später. Die dafür bereits vorbereitete Klage wird Erfolg haben, denn es gibt kein sachliches und nach dem heutigen Spruch auch kein rechtliches Argument mehr dagegen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Bis dahin: den heutigen Spruch Feiern, Durchhalten, Weitermachen, Lächeln und Spaß mit den Kindern haben!

P.S. Heute  ist noch ein weiterer „einschlägiger“ Fall entschieden worden: Ein österreichisches Frauenpaar, das seit 2005 versucht, für den leiblichen Sohn der einen Partnerin die Stiefkindadoption durch die andere Partnerin zu erkämpfen, hat beim Europäischen Gerichsthof für Menschenrechte in Straßburg einen Sieg errungen. Der Gerichtshof kann Österreich nicht dazu zwingen, die Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare einzuführen. Die Richter haben aber entschieden, dass das Lesbenpaar den Antrag auf Stiefkindadoption stellen können  muss und dass dieser Antrag nicht deshalb abgelehnt werden darf, weil das Paar nicht heterosexuell ist und es bisher keine Möglichkeit für ein Kind gab, rechtlich zwei Mütter oder zwei Väter zu haben. Die sechsseitige Begründung gibt es hier auf deutsch zu lesen. RFN gratuliert sehr herzlich!

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