Alles roger?

Es ist immer wieder schön, Familienporträts zu lesen und dabei zu merken, wieviel sich auch in kleineren Städten bzw. auf dem Land verändert hat. Viele Regenbogenfamilien leben ganz selbstverständlich ihren Alltag, sind gut in ihrer Nachbarschaft vernetzt und teilen mit anderen Familien jeder Farbe ihre Freuden und Sorgen, wie ein Artikel der Ulmer Südwestpresse über eine lesbische Familie aus dem Landkreis Günzburg zeigt. Ein Großteil der Gesellschaft ist natürlich schon weiter als die Politik!

Und doch stellt sich Nachdenklichkeit ein. Die unsägliche Sache mit der Petition und das zeitgleiche große Echo auf Hitzlspergers Coming out – es zeigt, dass wir noch lange nicht bei der Station Selbstverständlichkeit angelangt sind. Manchmal kommt es mir vor, als litten wir in Deutschland an einer schon einige Zeit andauernden Betriebsstörung. Der Zug steckt in der Haltestelle „Homophobe Ambivalenzen“ fest. Hier die verängstigten Traditionalist_innen, die ganz offen sämtliche Queerthemen wieder gern in  den Schrank beordern möchten, damit die Vielfalt des Begehrens und der Lebensentwürfe möglichst erneut unsichtbar werden, und dort die ach so offenen Menschen, die Thomas Hitzlsperger gratulieren und dabei  nur ihr eigenes Bild im Kopf haben, das sie in der Öffentlichkeit abgeben, die sich also mit diesem tatsächlich mutigen Coming out eigentlich nur selbst feiern. Denn wenn es ihnen wirklich ernst wäre, dann hätten Machtmenschen wie Frau Merkel doch schon längst Maßnahmen eingeleitet, die unser Land in Sachen Akzeptanz und gleiche Rechte wirklich weiterbringen würden.
Insofern kann ich mich über Angela Merkels Glückwünsche zu Thomas Hitzlspergers Coming out nur eins: ärgern!

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