RFN auf Adventssendung

Während ich diese Zeilen schreibe, rieselt tatsächlich leise der Schnee!

Unsere Tochter kommt aus der Schule und bringt ihre Freundin Karima mit. Beim Essen unterhalten sich die Beiden darüber, wo ihre Eltern die sorgfältig geschriebenen Wunschzettel ihrer „lieben Kleinen“ achtlos zwischengelagert haben.
„Also meinen Zettel habe ich im Küchenschrank bei den Schüsseln liegen sehen, was soll denn der da“, mokiert sich die eine. „Ich habe meinen in einer meiner Schubladen  gefunden, das ist doch voll unlogisch“, beschwert sich die andere.
So sehr ich mich darüber freue, wie groß unsere Tochter schon ist: Die Zeit der Unschuld ist endgültig vorbei. Und sie selbst findet das gerade in der Weihnachtszeit auch besonders schade. Nicht dass sie das so formulieren würde. Aber fast täglich erzählt sie empört, wie ungeschickt sich ihre Mutter (also ich) beim letzten Weihnachtsfest mit der „heimlichen Drapierung“ der Geschenke unter den Baum angestellt hat. Immer wieder tut es mir leid, dass da was nicht ganz perfekt geklappt hat und mein Kind deshalb einfach nicht mehr an Christkind und Weihnachtsmann glauben kann, trotz guten Willens.

Hätte mir vor 20 Jahren jemand prophezeit, dass mich einmal diese Überlegungen beschäftigen werden, ich hätte losgeprustet. Als politisch sozialisierte Feministin mit Grundwissen zu nicht-christlichen Feiertagstraditionen hatte ich keinen Weihnachtsbaum im Wohnzimmer stehen und Weihnachtsgeschenke gab es auch nicht. Höchstens einen Adventskalender – wegen der Schokolade. Aber sonst? Sonst war ich froh, dass Weihnachten irgendwann wieder geschafft war und der ganze damit verbundene Konsumterror auch.
Als wir dann ein Kind bekamen, mussten wir nochmal neu entscheiden, wie wir diese ganzen christlichen Feiertage in unseren Alltag einbetten wollten – gerade Ostern (Eier auspusten, anmalen, suchen!) und Weihnachten (Basteln, Weihnachtsgeschichte, Baum, Lichter, Geschenke!) sind für Kinder mit vielen faszinierenden Tätigkeiten und Erwartungen verbunden. Trotz aller Ambivalenzen ist es schwer, bei diesem Kreislauf nicht mitzumachen . Und die leuchtenden Kinderaugen sind eine große Versuchung! Außerdem: Wer will schon seine Kinder ausschließen? So sind wir ganz allmählich in diesen Jahreskreislauf hineingewachsen, haben ihn liebgewonnen und hadern auch ab und zu mit ihm.

Und heute?
Heute zählt unsere 10jährige Tochter die Tage bis Weihnachten, drängt auf baldigen Baumerwerb und spottet über ihre Mutter, die sich auch dieses Jahr wieder bemühen wird, das Christkind heimlich ins Haus zu locken.

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