Ein Feiertag jagt den nächsten

Gerade erst, am 5. Mai, feierten wir den International Family Equality Day, gefolgt vom 12. Mai, da war Muttertag, gestern, am 15. Mai, gab es den Internationalen Tag der Familie und morgen (17. Mai) wird der IDAHOT begangen, der Internationale Tag gegen Homo- und Transphobie.

Der gestrige Tag der Familie ist irgendwie an mir vorbei gegangen, dabei würde es sich doch lohnen, ihn ein bissschen in Augenschein zu nehmen. Von der UN-Generalversammlung mittels einer Resolution 1993 ins Leben gerufen, soll dieser Tag daran erinnern, dass die Familie das Fundament der Gesellschaft darstellt und deshalb besonderen Schutz verdient. Es wäre zu wünschen, dass diese Resolution für alle Formen von Familie gilt, jenseits von heteronormativen Paar-Settings. Davon sind wir leider noch weit entfernt. Dafür gibt es ja nun den IFED (International Family Equality Day), da haben also wir Regenbogenfamilien unseren Tag. Tolle Sache, wieviele Familien in unzähligen Städten mitgemacht haben.
Doch da gibt es einen kleinen Wermutstropfen: So lange jede gesellschaftliche Gruppe ihren eigenen Tag hat, muss eben eine UN-Resolution zum Tag der Familie eben genau diese Familien, die sich abseits der Norm tummeln, nicht miteinschließen. An dieser Stelle beginnt die alte Diskussion: Mainstream-Institutionen zwingen, sich die Vielfalt auf ihre Fahnen zu schreiben und wirkliche Inklusion zu betreiben oder eigene Wirkungsräume schaffen, weil Minderheiten sonst keine Orte der Selbstverständlichkeit haben und immer Minderheit bleiben? Wahrscheinlich liegt die Antwort in beiden Wegen, also im „Sowohl als auch“. So wie es Lesbenräume braucht, trotz aller Öffnung in Richtung Queer Community, so braucht es auch den großen Mainstream Feiertag und die vielen kleinen anderen Feiertage, die sich speziellen Bevölkerungsgruppen zuwenden.

Der morgige Feiertag gegen Homo- und Transphobie richtet sich meiner Meinung nach an die größte Gruppe: An alle eigentlich. An die, die in einer friedlichen und vielfältig bunten Welt leben möchten, die sich nicht über Abgrenzung gegenüber vermeintlichen Minderheiten definieren und erhöhen wollen, sondern Frauen und Männer, die ihren Kindern eine Welt zeigen, in der man anderen Menschen mit Respekt und Achtung begegnet. Das Thema Homophobie ist nach wie vor brandaktuell, nicht nur in Frankreich oder Russland – auch in Deutschland ist ja nicht alles gold.

Ein richtig guter Artikel von David Berger (Theologieprofessor und Kirchenkritiker), den ich am vergangenen Dienstag (14.5.) in der taz gelesen habe, hat mir genau dazu mal wieder die Augen geöffnet. Es ging um folgende Frage: Wieso bekommt jede/r dahergelaufene Homophobe in den allabendlichen Talkshows vor einem Millionenpublikum ein Forum? Da werden Positionen zum Thema „gleiche Rechte für Lesben und Schwule bzw. für Regenbogenfamilien“ dargeboten, dass es mich nur so schüttelt. Deshalb schaue ich mir solche Sendungen nur noch in Ausnahmefällen an, weil sie mich nicht nur wütend machen, sondern zutiefst deprimieren. Der zentrale Punkt an der Frage geht allerdings noch weiter: Würden die Medien auch erklärten Rassisten und Antisemiten die Möglichkeit geben, sich vor einem Millionenpublikum derart hasserfüllt auszubreiten? Nein, das würde doch zu einem Aufschrei führen.
Und das ist eben der große Unterschied. Es gibt einen gesamtgesellschaftlichen Konsens, dass rassistische und antisemitische Positionen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht geduldet werden. Bei homophoben Positionen ist dies noch immer nicht der Fall. Da wird von Medienseite plötzlich etwas von „Ausgewogenheit“ geschwurbelt, dabei geht es nur um Quote – auf unsere Kosten. Wie satt ich das habe! Deshalb ist der IDAHOT wichtiger denn je: Machen wir also auf uns und unsere Belange aufmerksam. Mehr

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